"Die Textilindustrie im Kanton Glarus -
Fortbestand und Umnutzung alter Textilbetriebe"

von Mathias Nöthiger, Mollis: 08.09.2001
Diplomarbeit am Geographischen Institut der Universität Zürich.

In der Diplomarbeit mit dem Titel "Die Textilindustrie im Kanton Glarus – Fortbestand und Umnutzung alter Textilbetriebe" wird einerseits die Entwicklung und die Zukunftsaussichten der Textilindustrie in der Schweiz und im Kanton Glarus aufgezeigt und andererseits als Schwerpunkt die heutige Nutzung der Textilbetriebe im Kanton Glarus untersucht, welche seit dem Ende des 18. Jahrhunderts für die textile Produktion gebaut wurden und heute noch stehen.

Die Entwicklung der Textilindustrie

Die Textilindustrie im Kanton Glarus erlebte im Verlauf des 19. Jahrhunderts einen gewaltigen Aufschwung und das Glarnerland entwickelte sich zum höchst industrialisierten Kanton der Schweiz. Praktisch in jeder Gemeinde des Kantons entstanden mindestens ein oder sogar mehrere Textilunternehmen und ihre Produkte waren weltweit bekannt. Gegen Ende des 19. Jahrhunderts wurde die ausländische Konkurrenz jedoch immer stärker, weil sie kostengünstiger produzieren konnte aufgrund ihrer leistungsfähigeren Maschinen, den grösseren Betrieben und den tieferen Arbeitskosten. Der starke Konkurrenzdruck, Schutzzölle und die zyklisch wiederkehrenden wirtschaftlichen Krisen in ganz Europa setzten der Glarner Textilindustrie stark zu und zahlreiche Betriebe mussten schliessen.
Ein zweiter Schub von Textilbetriebsschliessungen im Kanton Glarus folgte in den 1970er Jahren, als sich die Lage der Schweizer Wirtschaft markant verschlechterte. Die Nachfrage nach Textilprodukten nahm nur noch schwach zu, und es herrschte ein harter Preiskampf auf den Textilmärkten vor allem mit der Konkurrenz aus den Niedriglohnländern, in denen sich im Verlaufe des 20. Jahrhunderts eine eigene Textilindustrie entwickelt hatte, die über ebenso effiziente Fertigungsanlagen verfügte und qualitativ hochstehende Produkte liefern konnte. Man versuchte dieser Entwicklung mit der Modernisierung von Produktionsanlagen und weiteren arbeitssparenden Rationalisierungsmassnahmen entgegenzuwirken. Aufgrund der hohen Investitionen und der schlechten Zukunftsaussichten war vielen Unternehmern das Risiko zu gross und weitere Textilbetriebe wurden geschlossen.

Die Textilindustrie heute

Heute sieht die Situation nicht unbedingt besser aus für traditionelle Textilbetriebe, die wenig qualifikations- und innovationsintensiv sind, wie z.B. massenproduzierende Webereien und Spinnereien. Zusätzlich zu den weltweiten Überkapazitäten und der Konkurrenz aus den Niedriglohnländern, hat die Textilindustrie in der Schweiz mit den Nachteilen durch die Nichtteilnahme an der EU zu kämpfen. Diese entstehen beispielsweise beim passiven Veredelungsverkehr oder durch den zeitaufwändigen grenzüberschreitenden Verkehr mit Europa. Bessere Zukunftsaussichten haben Textilunternehmen, welche von den Standortvorteilen der Schweiz profitieren. Dies sind zum Beispiel die qualifizierten Arbeitskräfte und das billige Kapital. Die Schweiz bietet dadurch ideale Bedingungen für Unternehmen, die neue Produkte und Materialien erforschen und produzieren (z.B. technische Textilien) oder Nischenprodukte herstellen. Im Kanton Glarus konnte dies anhand der Firma "Wenet Textilien" in Mollis und der "Fritz Landolt AG" in Näfels gezeigt werden.

Im Kanton Glarus sind heute noch insgesamt 21 Unternehmen tätig, welche der Textilbranche zugeordnet werden können. Sie beschäftigen mit rund 884 Personen ungefähr 5% der Erwerbstätigen im Kanton Glarus. Bis auf ein Unternehmen (Wenet Textilien in Mollis) befinden sich alle weiterhin in Objekten, welche seit dem Ende des 18. Jahrhunderts im Kanton Glarus für die Textilindustrie gebaut worden waren und heute noch stehen. Von diesen insgesamt 60 Objekten werden heute jedoch nur noch 17 ganz oder zum Teil für die Produktion von Textilien genutzt. Die übrigen 43 wurden stillgelegt, stehen heute leer oder sind teilweise oder vollständig umgenutzt worden.

Die Umnutzung ganz und teilweise stillgelegter Textilunternehmen gestaltet sich sehr vielfältig. Es haben sich zahlreiche kleine neue Dienstleistungs-, Handwerks- und Bauwirtschaftsbetriebe angesiedelt, während die restliche Gebäudefläche zu Wohn-, Lager- oder Freizeitzwecken genutzt wird oder leer steht. Die ungenutzte Gebäudefläche beträgt rund 15'745 m2 und verteilt sich vor allem auf die Objekte im Glarner Hinterland, weil es dort aufgrund der schlechten Erreichbarkeit schwieriger ist Mieter zu finden. Als Industriebrachen, d.h. leerstehende oder nur zwischengenutzte Objekte können nur vier Objekte bezeichnet werden, mit insgesamt rund 10 ha Grundstückfläche. Dass es nur vier sind, kommt daher, dass die Umnutzung nach der Stilllegung bei den meisten Objekten schon früh eingesetzt hat und durch die Behörden gefördert wurde, da die Bodenreserven im Kanton Glarus knapp sind. Einen wichtigen Beitrag zur Umnutzung der stillgelegten Textilunternehmen im Glarnerland leisteten auch die wirtschaftsfreundlichen Rahmenbedingungen im Kanton Glarus und seine wirtschaftsfördernden Institutionen. Die Umnutzung wurde bei zahlreichen Objekten unterstützt, beispielsweise durch die Ansiedlung von neuen Unternehmen und der Vermittlung geeigneter Produktionsräume in stillgelegten Textilbetrieben.

Der Kanton Glarus weist mit rund 42% im Vergleich zum Schweizerischen Durchschnitt von 26.2% noch sehr viele Erwerbstätige im zweiten Sektor auf und ist dadurch vom Strukturwandel überdurchschnittlich betroffen. Mit rund 10% der Erwerbstätigen im zweiten Sektor ist die Textilbranche heute noch der drittwichtigste Arbeitgeber im zweiten Sektor.
Um auch in Zukunft noch zu bestehen, müssten sich die verbleibenden Textilunternehmen im Kanton Glarus von der Massenproduktion abwenden und sich in die Richtung spezialisierter oder neuer Produkte, wie beispielsweise den technischen Textilien bewegen. Die Firma "Wenet Textilien" in Mollis und die "Fritz Landolt AG" in Näfels gehen mit einem guten Beispiel voran und tragen hoffentlich dazu bei, dass den Glarnern ein paar wenige Zeugen ihrer industriellen Vergangenheit erhalten bleiben.

Die Diplomarbeit umfasst 190 Seiten, hat 170 Bilder und entstand innerhalb eines Jahres.

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Fortbestand und Umnutzung alter Textilbetriebe

Nöthiger, Mathias (2001). Diplomarbeit am Geographischen Institut der Universität Zürich.

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